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US-Republikaner Romney Kandidat peinlich

Stocksteif, ideenlos, künstlich: Auf seiner Europa-Tour hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney sich viele Blößen gegeben. Die Pannenserie war kein Zufall - dieser Bewerber hat den Wählern wenig anzubieten.
US Republikaner Romney: Stocksteif, ideenlos, künstlich, distanziert

US Republikaner Romney: Stocksteif, ideenlos, künstlich, distanziert

Foto: JANEK SKARZYNSKI/ AFP

Mitt Romney ist nach Europa gekommen, um den US-Präsidenten in dessen stärkster Disziplin herauszufordern: der Außen- und Sicherheitspolitik. Das ist missglückt. Mehr noch: Zeitweise waren der republikanische Präsidentschaftskandidat und sein Team einfach nur peinlich.

Ohne Not hat Romney die Briten als Olympia-Gastgeber brüskiert, die Kultur der Palästinenser herabgesetzt und mitreisende US-Medienvertreter düpiert. Mit großem Trara kritisiert er seit Monaten Obamas Iran-Politik, in Nahost ist er jetzt Stück um Stück zurückgerudert, öffentlich - bis er auf der Linie des Präsidenten lag.

Nichts läuft rund für Mitt Romney. Seine Pannenserie ist mehr als die Anhäufung von zufälligen Fehltritten in England, Israel und Polen. Sie ist ein Symptom für den fehlgeleiteten Wahlkampf, den er betreibt.

Schwächen im Wahlkampf

Erstes Problem: Bei Multimillionär Romney ist alles Wirtschaft und sonst nichts. Nur damit glaubt er, die Wahl gewinnen zu können. Andere Bereiche haben dienende Funktion. In Israel koppelt er Wirtschaftskraft mit Kultur. Über seine Herkunft, seine Familie, seinen mormonischen Glauben? Mag er nicht reden. Fragen danach beantwortet er meist mit dem Standardsatz, dass es bei der Wahl ja wohl um Wirtschaft gehe. Das macht Romney zu einem überaus einseitigen Kandidaten. Von einem Präsidenten muss erwartet werden, dass er in unterschiedlichen politischen Themen Ideen, Ansichten und Visionen hat.

Zweites Problem: Mitt Romney ist ein übervorsichtiger Mensch. Einer, der sich alles offenhalten will: Der sich eine Garantie auf Rückkehr und Gehaltssteigerung geben ließ, als er den Job wechselte; der offiziell noch bei Bain Capital blieb, als er längst schon die Olympischen Spiele managte; der seine Steuererklärungen nicht veröffentlichen will. Und der vor Beginn der Spiele in London zum Ärger der Briten sagt, man wisse ja nie, ob alles gut laufen werde. Immer schön vorsichtig. Das macht Romney zu einem stocksteifen Kandidaten.

Drittes Problem: Romney ist nicht authentisch. Er will der sein, den sich andere wünschen. Das macht Romney zum Kunstprodukt. Seine Kurswechsel sind legendär (Gesundheitsreform, Waffengesetze, Abtreibung), früher ging's nach links, jetzt geht's nach rechts. Immer dem Zeitgeist hinterher. Weil er den Evangelikalen daheim gefallen will, erklärt er Jerusalem entgegen jahrzehntelanger US-Politik zur Hauptstadt Israels - selbst die US-Botschaft liegt in Tel Aviv, weil Israels Annexion des arabischen Ostteils von Jerusalem international nicht anerkannt ist.

Viertes Problem: Romney igelt sich ein. Wenn es nicht läuft, herrscht Funkstille. Zwar hat der Kandidat CNN ein Interview in Israel gegeben, mit der mitreisenden US-Presse aber sprach er tagelang nicht, keine Pressekonferenzen. Fragen nach seiner Pannenserie ignorierte er, einer seiner Sprecher wurde ausfällig, sagte zu einem Journalisten: "Leck mich am Arsch." Das macht Romney zum distanzierten Kandidaten.

Zeig dich, Kandidat!

Stocksteif, ideenlos, künstlich, distanziert. Zeig Dich, Kandidat!, will man dem Mann zurufen. Schon fragt "Newsweek" unter dem Titel "Der Schlappschwanz-Faktor": "Ist er einfach zu unsicher, um Präsident zu sein?" Zu Recht sind die Republikaner-Granden nervös, sie fürchten, Romney könne eine Riesenchance vergeigen.

Noch liefern sich Obama und Romney ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Für den Herausforderer ist nichts verloren, der irre Vorwahlkampf der Republikaner ist längst vergessen. Doch in den nächsten Wochen wird der Fokus immer stärker auf ihn gerichtet werden, weitere Pannen und Patzer können verheerend sein. Denn es ist die Zeit, in der sich die Amerikaner ein konkretes Bild vom Kandidaten machen.

Jetzt zählt es für Romney.